Kreditwürdigkeit / -fähigkeit
Die Kreditfähigkeit hängt von dem rechtlichen Konstrukt der Unternehmung ab:
- Quasi-juristische Personen (ohne eigene Rechtspersönlichkeit; KG bzw. OHG)
↪ Kreditfähig nach Eintragung ins Handelsregister - Juristische Personen des privaten Rechts (mit eigener Rechtspersönlichkeit; GmbH, AG,...)
↪ Grundsätzliche Kreditfähig - Juristische Personen des öffentlichen Rechts (Bund, Länder,...)
↪ Kreditfähigkeit richtet sich nach der gesetzlichen Grundlage im öffentlichen Recht
Bei der Kreditwürdigkeitsprüfung im Firmenkundengeschäft erfolgt eine Unterscheidung in persönliche und materielle Faktoren.
Die persönliche Kreditwürdigkeit der Unternehmensführung spielt eine tragende Rolle, da diese für strategische Entscheidungen der Unternehmung verantwortlich ist. Diesen Faktor beeinflussen sowohl fachliche Kompetenzen als auch charakterliche Eigenschaften der Führung. Auch eine Nachfolgeregelung ist wünschenswert, falls die Geschäftsleitung gesundheitlich ausfällt.
Die Auswertung der materiellen Kreditwürdigkeit erfolgt primär über die Jahresabschlussanalyse und die Einbeziehung von unterjährigen Zahlen wie die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) und die Summen- und Saldenliste (SuSa). In der Praxis werden darüber hinaus weitere Daten einbezogen, wie Bonitätsauskünfte (z.B. Creditreform) und ein Besicherungspotenzial.
Unterlagen zur Kreditwürdigkeitsprüfung von Firmenkunden
Zur Genehmigung von Krediten benötigen Banken von ihren Firmenkunden einen genauen Überblick über die Kreditwürdigkeit des Kunden. Hierbei geht es primär um die wirtschaftliche Lage des Unternehmens.
Folgende Unterlagen geben dem Firmenkundenbetreuer Aufschluss über die Kreditwürdigkeit:
- Jahresabschlüsse (i.d.R. die letzten drei)
- externe Bonitätsauskünfte (z.B. Creditreform)
- Unterjährige Zahlen:
- Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA)
- Summen- und Saldenliste (SuSa)
- Gesellschafterverträge
- (Handels-)Registerauszug
- Steuerbescheide für Selbstständige / Freiberufler
- ggf. Nachweise zum Kontoverhalten
- ggf. Planzahlen / Liquiditätsplan
Jahresabschlussanalyse
Die Jahresabschlussanalyse ist ein Verfahren zur Gewinnung von relevanten Informationen anhand von Unternehmensdaten aus den Jahresabschlüssen. Insbesondere die Bilanz und die GuV fließen in die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens ein.
Die Schwerpunkte liegen auf der...
- Vermögenslage (Aktiva)
- Finanzlage (Passiva)
- Ertragslage (GuV)
Es werden unterschiedliche Arten von Kennzahlen ermittelt, um diese später im Betriebsvergleich oder Zeitvergleich betrachten zu können.
Kennzahlen | bestandsorientiert | stromgrößenorientiert |
---|---|---|
Zeitvergleich | Vermögensstruktur Kapitalstruktur horizontale Bilanzstruktur (Liquidität und Finanzierung) |
Jahresüberschuss Cash-Flow Rentabilität (EK, GK) Return-on-Investment |
Betriebs-/ |
||
Soll-/Istvergleich |
Die finale Aussage von Kennzahlen ist allerdings sehr beschränkt, da die Daten aus Jahresabschlüssen grundsätzlich auf den Bilanzstichtag bezogen sind und auch durch bilanzielle Wahlrechte beeinflusst werden können.
Kritik an der traditionellen Kreditbeurteilung
Die Kreditbeurteilung im traditionellen Sinne steht aufgrund ihrer Subjektivität und Inkonsistenz in der Kritik. Nicht nur die Banken selbst, sondern auch die einzelnen Kompetenzträger, die für eine Kreditentscheidung verantwortlich sind, neigen zu subjektiven Einschätzungen des Kreditrisikos. Grund hierfür sind unterschiedliche Gewichtungen der Bewertungsfaktoren.
Banken entwickeln daher zunehmend standardisierte Kreditbewertungsverfahren zur einheitlichen Bewertung von Kreditrisiken.
Bilanzgliederung
Aktiva | Passiva |
A) Anlagevermögen |
A) Eigenkapital
|
B) Umlaufvermögen
|
B) Rückstellungen
C) Fremdkapital
|
C) Rechnungsabgrenzungsposten D) Aktive latente Steuern E) Aktiver Unterschiedsbetrags aus der Vermögensverrechnung |
D) Rechnungsabgrenzungsposten E) Passive latente Steuern |
Aktiva
Anlagevermögen
Immaterielle Vermögensgegenstände
Immaterielle Vermögensgegenstände sind Bestandteile des Anlagevermögens, deren Wert nicht durch einen physisch-materiellen Besitz entsteht. In erster Linie sind hierunter Rechte, Lizenzen, Patente und Software zu fassen.
Die Werthaltigkeit von immateriellen Vermögensgegenständen wird unterschiedlich bewertet, da kein physischer Wert existiert. Um einen bilanziellen Buchwert festzulegen, werden bei selbsterstellten immateriellen Vermögensgegenständen die Herstellungskosten angesetzt und bei zugekauften immateriellen Vermögensgegenständen der Kaufpreis.
Im Kreditprozess gibt diese Position meistens keinen konkreten Aufschluss über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens, da die Werthaltigkeit (bzw. Veräußerbarkeit) im Falle einer Insolvenz nicht mehr gegeben sein könnte.
(Beispiel: Die Veräußerung eines Markennamens ist schwierig, wenn dieser Name mit der Insolvenz in Verbindung gebracht wird.)
Exkurs: Bei Unternehmenskäufen wird ein derivativer (=zugekaufter) Geschäfts-/Firmenwert in die Bilanz aufgenommen. Diesem gegenüber steht ein originärer Geschäfts-/Firmenwert, der selbsterstellt und in der Bilanz aktiviert wurde.
Sachanlagen
Die Sachanlagen ist dem Unternehmen langfristig zur Verfügung stehendes materielles Anlagevermögen, das sich wie folgt untergliedert:
- Grundstücke & Gebäude
- technische Anlagen & Maschinen
- Betriebs- und Geschäftsausstattung
Diese Position ist maßgeblich für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit, da sich hieraus werthaltige Sicherheiten für die Kreditinstitute bilden lassen.
Der Buchwert der Sachanlagen ist anhand von Abschreibungsmethode/-grad auf den tatsächlichen Wert zu prüfen. Es können sowohl stille Reserven (tatsächlicher Wert > Buchwert) als auch zu hoch angesetzte Buchwerte für die Sachanlagen in der Bilanz vorkommen.
Zur Kreditwürdigkeitsbeurteilung muss daher eine realistische Einschätzung erfolgen, welchen Verkaufswert die Sachanlagen haben.
Finanzanlagen
Die Finanzanlagen des Anlagevermögens stellen Anteile an anderen Unternehmen dar und untergliedern sich je nach Höhe dieser Anteile in:
- Anteile an verbundenen Unternehmen (maßgeblicher Einfluss auf Geschäftsführung)
- Beteiligungen (über 20% Anteilsbesitz)
- Wertpapiere des Anlagevermögens (unter 20% Anteilsbesitz)
Die Werthaltigkeit der Finanzanlagen ist für ein Krediturteil zu überprüfen: Hierzu müssen ggf. auch die Bilanzen der anderen Unternehmen hinzugezogen werden. Darüber hinaus ist die Gewinnabführung zu klären (in der GuV ersichtlich).
Existieren Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den verbunden Unternehmen, so müssen diese konsolidiert und mit dem Eigenkapital verrechnet werden.