Das Arbeitsrecht

Quellen des Arbeitsrechts

Zunächst einmal gilt es zu erwähnen, dass es nicht "das Arbeitsrecht" als Gesetzbuch gibt. Unter dem Arbeitsrecht sind ferner Rechte aus unterschiedlichen Rechtsquellen zu fassen, wie dem GG, arbeitsrechtliche Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und dem Arbeitsvertrag.

Das Arbeitsrecht wird als Sonderrecht der Arbeitnehmer verstanden, da diese im Rechtsverkehr als besonders schutzbedürftig gelten.

Innerhalb dieser Regeln gilt das Rang- und Günstigerprinzip:
Zwischen den Regelungen gilt das Rangprinzip, sodass die Ranghöhere vorgeht. Allerdings wird diese Regelung durch das Günstigerprinzip durchbrochen, wenn eine andere Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist.

Innerhalb der gleichen Rangstufe gilt, dass die speziellere Regelung auf gleicher Rangstufe der allgemeineren Regelung vorgeht (Spezialitätsprinzip). Des Weiteren gilt grundsätzlich die zeitlich aktuellere Regelung, selbst wenn diese für den Arbeitnehmer nachteiliger ist (Ablösungsprinzip).

Fragen im Bewerbungsgespräch

Bewerber haben im persönlichen Gespräch grundsätzlich eine Offenbarungspflicht gegenüber dem potenziell künftigen Arbeitgeber. 

Allergings gilt es eine Unterscheidung zu treffen zwischen zulässigen und nicht zulässigen Fragen:

Zulässige Fragen Nicht zulässige Fragen

→ Alle Fragen, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehen

Bsp.: Qualifikationen, bisheriges Gehalt, chronische Krankheiten (soweit diese Einfluss auf vorherige Tätigkeit hatten)

→ Fragen, die nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehen

Bsp.: Religion, Familienplanung, Schwangerschaft, nicht-chronische Krankheiten, Hobbys

Wichtig zu wissen ist, dass Sie als Arbeitnehmer auf zulässige Fragen immer wahrheitsgemäß antworten müssen, da das Arbeitsverhältnis anderfalls im Nachhinein wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) oder Eigenschaftsirrtums (§ 119 BGB) angefochten werden kann. Dies entspricht einer außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 BGB. Eine Rückforderung des gezahlten Arbeitsentgeltes ist jedoch nicht möglich, da die geleistete Arbeit nicht zurückgegeben werden kann.
Nach einem zweijährigem anstandslosen Arbeitsverhältnis hat sich der Arbeitnehmer allerdings bewährt, was eine Anfechtung ausschließt.

Diese Regelung gilt nicht für unzulässige Fragen, bei denen der Bewerber auch ein Recht zur Lüge hat.

Der Arbeitsvertrag

Arbeitsvertrag

Als Untervertrag zum Dienstvertrag (§ 611 BGB) gilt der Arbeitsvertrag als gegenseitiger schuldrechtlicher Vertrag. Er kommt nach dem Vertragsrecht durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande.
Der Arbeitnehmer tritt hier im Rahmen des privatrechtlichen Vertrages zur Leistung von Diensten für den Arbeitgeber auf. Sein Entgeld erhält der Arbeitnehmer für sein Bemühen; es wird somit kein Erfolg geschuldet. Durch den Arbeitsvertrag steht der Arbeitnehmer in persönlicher Abhängigkeit des Arbeitgebers und ist weisungsgebunden. Das unterscheidet diesen Vertrag von anderen Verträgen, wie dem Werksvertrag (§ 631 BGB) oder dem selbstständigen Dienstvertrag (§ 611 BGB).

  1. Der Arbeitsvertrag obliegt generell der Formfreiheit. Der Vertrag könnte auch mit einem Handschlag oder durch konkludentes Handeln geschlossen werden. Jedoch haben Arbeitnehmer den Anspruch, bis spätestens einen Monat nach Tätigkeitsbeginn eine schriftliche Ausfertigung der Vertragsbedingungen zu erhalten (§ 2 NachwG). Auszubildenden ist nach dem Berufsbildungsgesetz stets ein Ausbildungsvertrag vorzulegen (§ 11 BBiG).

  2. Bei der Ausgestaltung des Arbeitsvertrages wird die Inhaltsfreiheit durch zwingende Arbeitnehmerrechte eingeschränkt. Darunter fallen beispielsweise die Arbeitszeit (§ 3 AZG), Urlaubstage im Kalenderjahr (§ 3 BUrlG) oder die Entgeltfortzahlung bei Krankheit (§ 3 EFG). 

  3. Minderjährigen bedarf es aufgrund der beschränkten Geschäftsfähigkeit der Zustimmung der Eltern oder eines gesetzlichen Vertreters (§ 113 BGB).
    Nach einmaliger Zustimmung ist der Minderjährige allerdings berechtigt, sich bei den aus dem Arbeitsverhältnis einhergehenden Pflichten und Obligenheiten selbst zu vertreten. 
    Die Kündigung darf allein durch den Minderjährigen erfolgen.
    Schließt der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen mit ihm einen Ausbildungsvertrag ab, so ist dies abweichend zur Regelung der Insichgeschäfte (§ 181 BGB) durchaus rechtskräftig und somit möglich (Befreiung: § 10 BBiG).

Pflichten des Arbeitnehmers

Die primäre Hauptpflicht des Arbeitnehmers ist die im Arbeitsvertrag (§ 611 BGB) vereinbarte Leistung. Darüber hinaus übt der Arbeitgeber sekundär das Direktionsrecht auf den Arbeitnehmer aus. Diese Bestimmung muss nach "billigem Ermessen" erfolgen (§ 315 BGB). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber im Einzelfall die Pflicht hat, die eigenen Interessen mit denen des Arbeitnehmers abzuwägen, bevor er sein Direktionsrecht ausübt. Hierbei gilt es auch zu prüfen, ob die Mitbestimmung des Betriebsrates beachtet werden muss.
Bsp.: Eine Versetzung des Arbeitnehmers kann dadurch ausgeschlossen werden.

Die Arbeitsleistung bemisst sich an der individuellen Leistungsfähigkeit des einzelnen Arbeitnehmers. Die Arbeitszeit ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag bzw. aus dem Tarifvertrag und darf eine regelmäßige tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden und eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden nicht überschreiten (§ 3 AZG).
In außergewöhnlichen Fällen (§ 14 I AZG) kann bei vorübergehenden Arbeiten zur Not die tägliche Arbeitszeit auf maximal 10 Stunden (§ 3 I AZG) erhöht werden (Mehrarbeit). Diese außergewöhnlichen Fälle müssen durch eine Dringlichkeit ausgezeichnet sein, sodass die Arbeit unabhängig vom Willen der Betroffenen durchgeführt werden muss. 
Bsp.: Ein Kühlhaus fällt aus und die verderbliche Ware muss nach Schichtende noch umgelagert werden.

Im Vergleich dazu gelten Überstunden als einfache Überschreitung der vertraglich festgelegten Arbeitszeit im Betrieb.

Des Weiteren gelten für den Arbeitnehmer sogenannte Nebenpflichten des Dienstverhältnisses (§ 241 II BGB). Darunter fallen unter anderem die Verschwiegenheitspflicht, der Verzicht auf Korruption und ein gesetzliches Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses. Diese enden nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde.

Pflichten des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber verpflichtet sich zur Zahlung des im Arbeitsvertrag vereinbarten Brutto-Entgeltes (§ 611 I BGB). Alle Sozialversicherungsbeiträge führt der Arbeitgeber gesammelt an die Krankenkasse des Arbeitnehmers ab, die dann ihrerseits die Umlage auf die einzelnen Stellen durchführt.
An den Arbeitnehmer wird schließlich der Nettolohn ausbezahlt.

Das Arbeitsentgelt gilt als besonders schutzbedürftig und wird gesetzlich gesondert behandelt:

  • Pfändungsschutz (§ 850 ff ZPO) - bis zu einem festgelegten Pfändungsfreibetrag
  • Truckverbot - Die Entlohnung mit Waren ist ausgeschlossen, außer der Arbeitnehmer stimmt dieser freiwillig zu

Zu den Nebenpflichten bzw. Fürsorgepflichten des Arbeitgebers zähen ferner:

  • Der Schutz des Eigentums des Arbeitnehmers
  • Der Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers

Der Arbeitgeber hat hier fürsorglich den Arbeitsplatz der Angestellten einzurichten.

Die Krankenversorgung sieht im Krankheitsfall eine Lohnfortzahlung für 6 Wochen ab Beginn der Krankheit vor (§ 3 EFZG). Nach dieser Zeit übernimmt die Krankenkasse diese Pflicht in Form von Krankengeld. 

Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer mindestens 24 freie Werktage im Jahr als Urlaub zu gewähren (§ 3 I BUrlG).

Auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gilt es für den Arbeitgeber in jedem personalwirtschaftlichen Prozess eine neutrale Einstellung gegenüber u.a. der ethnischen Herkunft, des Alters oder des Geschlechts zu wahren (§ 7 AGG). Missachtung des Gesetzes können Schadenersatzforderungen im Sinne des § 280 BGB mit sich führen.


Haftung bei Schäden während der Arbeit

Haftung bei Schäden

Die Haftungsgrundlage bei Schadensersatzansprüchen aus Schuldverhältnissen (Arbeitsverhältnis) ist § 280 BGB.

Der Arbeitnehmer haftet vollumfänglich, wenn der entstandene Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt wurde.
Bsp.: Ein Ladenangestellter klettert auf ein Regal, welches deswegen mit dem gesamten Inhalt umfällt.

Bei mittlerer Fahrlässigkeit kann der Arbeitnehmer quotal beteiligt werden. Die Beteiligung richtet sich hier auch nach der Höhe des Arbeitsentgeltes.
Keine Haftung findet hingegen bei leichter Fahrlässigkeit statt. 

Der Arbeitgeber haftet im Vergleich dazu immer dann, wenn die Haftung des Arbeitnehmers ausgeschlossen ist. Für Arbeitsunfälle bzw. Personenschäden des Arbeitnehmers haftet der Arbeitgeber nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, da hier die Unfallversicherung einsetzt. Für Sachschäden des Arbeitnehmers während der Arbeit haftet der Arbeitgeber voll, sofern der Schaden nicht durch alltägliche Lebensrisiken entsteht.


Die Kündigung

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist allgemein geregelt in den §§ 620 ff BGB. Befristete Verträge führen nach Ablauf der Zeit automatisch zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die Dauer des Arbeitsverhältnisses allerdings nicht im Arbeitsvertrag vereinbart worden, so gilt ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis (§ 620 II BGB).

Die Kündigung bedarf der Schriftform (§ 623 BGB) und ist eine einseitige Willenserklärung; kann jedoch von beiden Parteien unter Einhaltung der Kündigungfristen (§ 622 BGB) ausgesprochen werden:

  1. Kündigung durch den Arbeitnehmer
    • Ordentliche Kündigung
      • Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis mit einer Vorlauffrist von mindestens vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines jeden Monats ordentlich kündigen.
    • Außerordentliche Kündigung
      • Wenn aufrund schwerwiegender Umstände das Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar ist, kann der Arbeitnehmer ohne Beachtung einer Frist außerordentlich kündigen (§ 626 I BGB). Diese Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen nach Beginn der schwerwiegenden Umstände erfolgen.
  2. Kündigung durch den Arbeitgeber
    Der Arbeitgeber hat aufgrund der Schutzbedürftigkeit seiner Angestellten besondere Fristen für die ordentliche Kündigung zu wahren, die im § 622 II BGB aufgeführt sind. Diese sind nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt.
    Er kann außerordentlich durch personen- und verhaltensbedingte Gründe kündigen.
    Jedoch gibt es in Betrieben mit mehr als zehn Vollzeit-Beschäftigten einen Kündigungsschutz (§ 23 KSchG) für die Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate am Stück dort beschäftigt waren:
    • Arbeitnehmer, die unter diesem Kündigungsschutz stehen, können nur durch betriebliche, personenbedingte und verhaltensbedingte Gründe gekündigt werden (§ 1 I+II KSchG). (Bei verhaltensbedingten Kündigungen bedarf es der vorherigen schriftlichen Abmahnung)
    • Bei betrieblichen Gründen gilt stets eine Sozialauswahl zu treffen, bei der Menschen mit höherem Lebensalter, längerer Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten oder Schwerbehinderung einen besonderen Schutz genießen und nicht gekündigt werden dürfen (§ 1 III KSchG).

Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

Die Feststellung einer ungerechtfertigten Kündigung erfolgt durch eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht (§ 4 KSchG). Der Kläger muss beim Arbeitsgericht keine Verfahrenskosten tragen und kann sich ohne einen Anwalt privatrechtlich selbst vertreten.